
Maifliegenzeit - Karneval des Fliegenfischers
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Das Fischen zur Maifliegenzeit
Der Beitrag sollte eigentlich passend zu meinem Bericht in der Zeitschrift Fliegenfischen 3/2025 (Bericht zu Fliegenfischen an der Nau) kommen, passte leider nicht zeitlich, daher hier.
Kaum ein Phänomen begeisterte uns Fliegenfischer so sehr wie der Massenschlupf der großen Maifliegen im späten Frühjahr. Von den legendären englischen Chalkstreams, geprägt in der Geschichte, bis zu einigen deutschen Mittelgebirgsbächen, markieren diese Wochen von Mitte Mai bis Ende Juni den absoluten Höhepunkt des Fliegenfischerjahres. Im Mittelpunkt stehen die beiden größten europäischen Eintagsfliegen: Ephemera danica und Ephemera vulgata .
Die Maifliegenzeit – Höhepunkt der europäischen Fliegenfischerei
Maifliegen bevorzugt saubere, sauerstoffreiche Fließgewässer mit sandigem oder lehmigem Grund. Ihre Nymphen verbringen bis zu drei Jahre eingegraben im Sediment und gelten als wichtige Bioindikatoren für die Gewässerqualität. Mit steigenden Temperaturen beginnt der Massenschlupf: Die Nymphen steigen auf, durchbrechen den Oberflächenfilm und verwandeln sich in die Subimagos („Dun“). Nach der letzten Häutung zur Imagos („Spinner“) paaren sie sich, und nach der Eiablage treiben die „Spent Spinner“ auf der Wasseroberfläche. Für Forellen und Äschen sind alle Stadien – Nymphe, Emerger, Dun und Spinner – eine wertvolle Nahrungsquelle, wie bei allen Eintagsfliegenschlüpfen.
Maifliegen sind zudem ein zentraler Bestandteil des Fluss-Ökosystems. Ihr Massenschlupf beeinflusst das Verhalten ganzer Fischpopulationen und ist ein wichtiges Glied im Nahrungsnetz für Fische, Vögel und andere Tiere. Die Hauptemergenz, also der Schlupf mit den meisten Eintagsfliegen, beginnt teilweise in der ersten Schlupfperiode, meist in den ersten 14 Tagen, danach finden die restlichen Schlüpfe verteilt bis in den August statt.
Historische und kulturelle Bedeutung
Die Maifliegenzeit ist nicht nur ein biologisches, sondern auch ein kulturelles und literarisches Großereignis. Besonders England, mit seinen berühmten Chalkstreams wie Test, Itchen und Avon, gilt als Wiege der modernen Fliegenfischerei. Schon im 19. Jahrhundert beschrieben Autoren wie Frederic M. Halford und G.EM Skues die Maifliegenzeit als das „Grand Event“ des Angeljahres. Halford prägte das Dogma der Trockenfliege, während Skues die Bedeutung von Nymphen und Emergen hervorhob – eine Debatte, die bis heute die Szene prägt.
Die „Mayfly Weeks“ oder „Duffers fortnight“ an den englischen Chalkstreams sind gesellschaftliche Ereignisse, bei denen Tradition, Ästhetik und Perfektion im Mittelpunkt stehen. Die Atmosphäre ist einzigartig: Angler in traditionellem Tweed, Picknicks am Flussufer und die Hoffnung auf kapitale Fische prägen das Bild. Typische englische Maifliegenmuster wie der Green Drake, die French Partridge Mayfly, der Spent Gnat und der Grey Wulff sind fester Bestandteil der Tradition.
Auch auf dem Kontinent hat die Maifliegenzeit eine große Bedeutung. In Deutschland, Österreich und der Schweiz wird sie als „Königin der Fliegenzeit“ gefeiert. Klassiker, wie Ernst-Henning Mertens und Hans Gebetsroither, prägten die Literatur, und Flüsse wie Wiesent, Traun, Aare oder Reuss sind legendäre Hotspots. In Slowenien, Frankreich, Skandinavien und Osteuropa lockt das Ereignis Fischer aus ganz Europa an. Auch in Frankreich (Dordogne, Loue), Polen (San, Dunajec), Tschechien (Moldau), Dänemark und Skandinavien (Glomma, Rena) ist die Maifliegenzeit ein Magnet für Fliegenfischer.
Verhalten der Fische und fischereiliche Herausforderung
Während der Maifliegenzeit ändern sich Forellen und Äschen ihr Verhalten grundlegend. Sie verlassen ihre Unterstände, stehen oft in flachem Wasser und steigen regelmäßig zur Oberfläche. Doch sie werden auch selektiv: Mal nehmen sie nur Duns, mal bevorzugen sie Emerger oder Spent Spinner und in der nächsten Minute geht es wie wild durcheinander. Besonders große, erfahrene Forellen lassen sich nur mit der Trockenfliege nur mit perfekter Präsentation, Drift und überzeugender Imitation überhören.
Für den Fliegenfischer bedeutet das: Beobachtung ist alles. Wer die „Rise Forms“ (Steigbewegungen) genau analysiert, erkennt, ob die Fische an der Oberfläche oder knapp darunter fressen – entscheidend für Musterwahl und Präsentation. Nur wer die feinen Unterschiede im Fressverhalten erkennt und darauf reagiert, kann gezielt die richtige Taktik wählen.
Fliegenmuster und Präsentationstechniken
Klassisches Muster:
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Mayfly Dun (Trockenfliegen für frisch geschlüpfte Subimago)
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Französische Rebhuhn-Eintagsfliege (Nass / Emergermuster, markante Rebhuhn-Hecheln)
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Spent Spinner (für die Phase nach der Eiablage)
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Grey Wulff (robust, schwimmfreudig, beliebt in England/Skandinavien)
Maifliegen Trockenfliegen ein Muss?
Für den Puristen oder klassischen Trockenfliegenfischer sicherlich keine Frage, geht man aber den Weg einer effizienten und vielseitig einsetzbaren Präsentationstechnik, würde ich immer auf die "nass zu fischende Muster" setzen. Meine persönliche Empfehlung und Erfahrung ist in der „heißen Zeit“ eher mit einer entsprechenden klassischen Maifliegenimitation als Nassfliege unterwegs zu sein und diese in allen Präsentationsformen zu fischen, halbtrocken, in den Film gezogen, bewegt oder seitlich gezogen...alles was hilft, die „Protein-Aufmerksamkeit“ des Fisches zu erlangen.
Gute Muster hierzu sind namentlich völlig austauschbar, gute Grundmuster dazu in der Fliegendose sind:
- Französisches Rebhuhn (Gelb/grün - Varianten)
- Gosling (alle Varianten)
- McPhail Varianten
- Lough Arrow Varianten
alle in Hakengrössen #10 oder #12 , dazu Nymphenvarianten wie Walkers Mayfly-Maifliegenlarven Varianten, sowie entsprechende Emerger.
Präsentationstechniken bei Maifliegen-Trockenfliegen:
- Dead Drift bei ruhigem, trägem Verlauf: Die Fliege muss absolut natürlich, ohne Drag, treiben.
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Lange Vorfächer: Lange, feine Vorfächer 12-15 ft. sind bei klarem Wasser bevorzugt.
- Match the Hatch: Exakte Anpassung der Fliege an das natürliche Vorbild.
Die Maifliegenzeit verlangt nach einer großen Vielfalt an Techniken und Fliegenmustern. Nur wer flexibel bleibt und sein Repertoire anpasst, wird in diesen Wochen erfolgreich sein.
Gern stelle ich euch entsprechende Fliegensets für euren Erfolg zusammen!
Karneval des Fliegenfischers
„Die Eintagsfliege ist der Karneval des Anglers, die Zeit, in der selbst die größten und vorsichtigsten Forellen an die Oberfläche gelockt werden und der Fluss voller Verheißungen erwacht.“
– Frederic M. Halford, Trockenfliegenfischen in Theorie und Praxis (1889)
Die Maifliegenzeit ist weit mehr als ein Angelereignis: Sie ist Naturwunder, kulturelles und historisches Phänomen und ein verbindendes Element für Fliegenfischer in ganz Europa. Sie vereint Naturbeobachtung, taktische Herausforderung, die Chance auf große Fische und ein besonderes Gemeinschaftsgefühl. Wer diese Zeit versteht und respektiert, spürt die tiefe Verbindung zwischen Mensch, Natur und Tradition – und erlebt magische Stunden am Wasser, die lange im Gedächtnis bleiben.
Ich wünsch Euch Tightlines und Petri Heil zur Maifliegenzeit – überall in Europa!