Ausgehend davon, dass der versierte und marktgesättigte Fliegenbinder schon alles „verbunden“ hat, was der Fachhandel, Haushalt oder die Baumarktabteilungen so hergeben, ist Leder als Bindematerial auch nichts neues, sondern im Gegenteil, ein wirklich alter Hut.
Aber gerade diese meist historischen Dinge sind auf langjährige Erfahrungen Einzelner entstanden und bergen hier und da noch Geheimnisse oder Raum für Interpretationen oder Varianten.
Der Begriff „Ledernymphe“ taucht hier und da im Internet auf, meist als Nymphmuster mit Schwänzchendarstellung in verschiedenen Varianten.
Das Naturmaterial Leder bietet aufgrund seiner mannigfaltigen Struktur, Beschaffenheit und/oder Herkunft viele Einsatz- und Verarbeitungsmöglichkeiten.Selbst das allseitsbekannte Fensterwischtuch wurde schon zweckentfremdet und in feinste Streifen auf Haken „wie Leda“ in den ausgefeiltesten Techniken verbunden.
Die vorliegende Beschreibung befasst sich mit einer alten aufwendigen Technik der Vorbereitung und Aufarbeitung einer bestimmten Lederart/-haut, um diese bestmöglich für Nymphenmuster im Flohkrebs- und Köcherfliegenlarvenbereich einzusetzen.
Ich bin kein Gläubiger im Sinne von „Nur das richtige Muster fängt den Fisch“ , was natürlich nicht heisst, dass nach guter Beobachtung das geeigneteste Muster ans Tippet sollte. Aber gerade in den letzten Jahren vermehrt sich beschleunigend die Praxis des Mitführens von geschätzten 1000 Fliegenmustern ans Wasser, mit dem Effekt, dass sich der Fischer oftmals selber in Unsicherheit und Hektik bringt, um doch hoffentlich das „richtige“ Muster zu finden, um endlich einen Fisch zu haken und das Gemüt inklusive den aufgestauten Erfolgsdruck zu befriedigen.
Jeder wie er mag, meine Richtung ist es nicht.
Ich glaube vielmehr an das „Handwerk“, den richtigen Aufbau von Leine und Vorfach, die Art und Weise damit umzugehen bzw. umgehen zu können, die Voraussetzungen richtig abzugleichen und im Zusammenhang mit einem von sicherlich mehreren möglichen Mustern erfolgreich zu sein.
Gerade beim Nymphenfischen, und vorallem beim tiefen Führen einer Nymphe, halte ich es für äußerst wichtig.
Beobachten Sie einmal selber oder hören Sie den Gesprächen und Schilderungen nach einem Fischtag beim Bier einmal zu.“Mit welcher Nymphe hast Du den Fisch gefangen?“ Diese Frage steht oftmals unangefochten an der Spitze der Liste.
Die wenigsten Fragen zielen z.B. ab auf : „In welcher Tiefe hast du denn den Fisch gefangen?“ Diese Frage taucht auch beim Lachsfischen selten auf, obwohl dies sehr wichtig wäre.
Die „tiefe“ oder grundnahe Fischerei mit der Nymphe in Polen und CZ ist seit Jahrzehnten markant und berühmt für diese Techniken im Binden und Fischen von Nymphen .
Das erste Mal hörte ich speziell von dieser Art „Ledernymphen“ bei einem Fischertrip nach Polen Mitte der 80er Jahren. Dort traf ich zusammen mit polnischen Kollegen, welche diese Art der Nymphen banden und sehr erfolgreich fischten. Dies war damals neu für mich und ich lauschte den spannenden Erzählungen über die Herstellung und Entwicklung dieser Muster.
Ende der 70er Jahre begannen Fliegenfischer in Polen in der Gegend um Klodzko/PL mit Experimenten verschiedenster Bindetechniken mit besonderen ausgesuchten Lederhäuten.
Es dauerte einige Zeit in der Entwicklung bis man zufrieden mit den Ergebnissen war, denn nicht jedes tierische Leder schien geeignet und die Findung zur Vorbereitung der Verarbeitung, um beste Ergebnisse zu erreichen, war nicht einfach.
Das Ziel war einfache, effektive und sehr haltbare Nymphmuster daraus zu fertigen, widerum mit dem Ziel einen „real life“ Look herzustellen und dem bearbeiteten Leder möglichst die besten Eigenschaften dafür entlocken zu können.
Das Hauptproblem bestand und besteht in der Beschaffung geigneter Lederhäute für diese Kategorie der „Sudeten-Nymphen“.
Die genutzten Felle für die Verarbeitung liefert eine spezielle gezüchtete Kreuzung von Iltis und Frettchen. Diese werden von spezialisierten Züchtern angeboten und das nur in geringen Mengen und nicht für jedermann erhältlich. Nach Aussagen der polnischen Kollegen respektiert man einheimische Wildarten und eine Nutzung dieser gilt als verpönt und wird nicht geduldet bzw. ist verboten.
Für ein Fell werden rund 30-50,-€ gezahlt, je nach Qualität und Verfügbarkeit.
Daraus entstehen nach Aufbereitung dann ca. 130 – 150 verschiedenste Ledernymphen. Die ganze Vorbereitung einer Lederhaut dauert ca. 12-14 Std. bevor sie für bestimmte Muster aufgeschnitten werden kann.
Da die Felle sehr unterschiedlich in der Größe und Beschaffenheit sind, müssen sie langwierig vom Binder vorbereitet werden. Nachdem sie mit einer speziellen Lösung getränkt worden sind, werden sie zum trocknen aufgespannt. Nach diesem Schnitt werden die Lederfelle durch Zuschnitt auf richtige Form gebracht und danach zeitaufwendig auf die geeignete Dicke mit einer Klinge „geschabt“.
Eine Arbeit, die viel Kenntnis und Erfahrung braucht, um die dünnen Felle nicht zu beschädigen und damit die wichtigen Haare nicht zu verlieren .
Hört sich aufwendig an, ist es auch. Alleine die richtige Vorbereitung der Häute dauert in etwa solange wie das Binden von 100 Ledernymphen (so die Aussage meines polnischen Kollegen).
Diese Ledernymphen sind begehrte Muster in allen Varianten und werden auf internationalen Meisterschaften und Championaten weltweit erfolgreich gefischt, zumindest von denen, die eine professionelle Quelle für die Herstellung besitzen.
Der große Effekt dieser mit Lederhaut bestückten Nymphen liegt im realistischen Effekt und Darstellung der kleinen Haarfasern, welche deutlich beim rippen mit den feinen Lederstreifen hervortreten, wie auch im „wet-effect“ – eine Färbungsänderung des gebundenen Körpers (ähnl. dem Sawyers Killerbug/Chatwicks 477 etc.), wenn die Nymphe mit Wasser vollgesogen ist.
Dieser Effekt lässt sich wahllos ändern oder verfeinern mit farbigen Garnunterwicklungen.
Die meisten Varianten für die Äschen- und Forellenfischerei werden mit braunen oder roten „Untertönen“ gebunden, Gewicht oder Reiz werden je nach Vorliebe wie gehabt über Bleiwicklungen oder Metallköpfe erreicht.
Für mich stets eine Herausforderung mit dieser Art Nymphen zu fischen, symbolisieren sie für mich die Hauptaussage der Fliegenfischerei : Effektivität, Einfachheit, Natürlichkeit und Minimalismus.
Vielleicht versuchen Sie es einmal mit eigenen Versuchen, wer weiss, welches gute Leder oder Haut ähnl. Ergebnisse bringen kann.
Folgen Sie den Spuren der polnischen „Lederstrümpfe“ ,
wir sehen uns am Wasser ,
Rolf Renell
Polnische originale Ledernymphen sind in kleinen Stückzahlen erhältlich bei:
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